Denken im Widerstand

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Denken im Widerstand

Heute ist in Europa ein neues Denken im Widerstand notwendig und dringlich geworden. denn in vielen Ländern haben sich neue Bewegungen und Ideologien gebildet, welche der kritischen Vernunft den Kampf ansagen und die liberale Demokratie durch autoritäre Systeme ersetzen möchten.Diese Bewegungen geben sich verschiedene Namen (Querdenker, Wutbürger, Identitäre, Reichsbürger, Pegida, Lega, Rassemblement national, Fidesz u.a.), aber sie verfolgen dieselben Ziele.  Sie bekämpfen die schwache und „dekadente“ Demokratie, die allgemeinen Menschenrechte, den Rechtsstaat, die Humanität für alle, den Egalitarismus; sie wenden sich gegen die Ausländer, die Immigranten, die Fremden, die Juden, die Moslems, die Afrikaner. In ihrer Ideologie folgen sie der „Eugenik“ des 19. Jh., nach der die biologisch Stärkeren das natürliche Recht haben, über die geistig und biologisch Schwächeren zu bestimmen.  Daher wehren sie sich gegen Impfungen und Schutzmaßnahmen in der Pandemie, denn die genetisch Stärkeren würden überleben. Das sei der natürliche Verlauf des Lebens. Sie vertreten einen elitären Humanismus, humane Behandlung soll nur den selbst ernannten Eliten zukommen, aber nicht allen Menschen und Bürgern.
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Diese Denkmodelle und politischen Ziele widersprechen der rationalen Aufklärung und der europäischen Zivilisation. In der Aufklärung wurde um ein egalitäres Menschenbild gerungen, alle Menschen sollten im Rechtsstaat gleichwertig sein, die allgemeinen Menschenrechte und Pflichten sollten für alle Bürger und für alle Menschen gelten. Daher ist es heute dringlich und notwendig geworden, diesen neuen Ideologien der Übermenschen im Denken und im politischen Handeln entschieden Widerstand zu leisten. Das „Projekt Weltethos“  ringt global um die moralischen Grundwerte einer humanen und friedvollen Lebenswelt für alle Völker. Auch die Interkulturelle Philosophie schließt sich diesen moralischen und politischen Zielen an.

Da  der Zulauf zu den neuen Ideologien und Verschwörungsmythen aus verschiedenen Gründen ständig zunimmt, ist es für alle moralisch sensiblen und kritisch denkenden Zeitgenossen dringlich geworden, gegen diese alten und neuen Ideologien der Herren- und Übermenschen Stellung zu beziehen. Die liberale Demokratie kann und muss wehrhafter werden, um sich vor ihren Gegnern und Feinden zu schützen. Wir wissen heute nicht, ob die offenen Gesellschaften (K.R. Popper) auch den autoritären Systemen überlegen sein werden. Aber das „Denken im Widerstand“ gegen geballte Unvernunft und gegen  autoritäre Staatsmodelle  bleibt dringlich für alle sozial sensiblen Zeitgenossen.
(Anton Grabner-Haider)

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