Friedenssicherung durch Gewalt? 

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Friedenssicherung durch Gewalt? 

Ein englisches Sprichwort sagt treffend: „You can’t have the cake and eat it too“.

Friedenssicherung wird angesichts der weltpolitischen Lage immer mehr zum Wunschziel vieler Menschen. Religionen wie das Christentum (Bergpredigt), der Hinduismus und der Buddhismus (ahimsa)  betonen das hohe Ethos der Gewaltlosigkeit – aber nie so vernunftlos, wie manche moderne Friedensbewegungen. Im Christentum steht die Forderung nach Gewaltlosigkeit in der Bergpredigt, also in einer Gemeindeethik, und nicht in einer Staatsverfassung, im Hinduismus und Buddhismus ist Selbstverteidigung gestattet (in der Bhagavadgita fordert Krishna Arjuna geradezu zur Teilnahme an der Schlacht auf), ja, sogar die Todesstrafe ist in diesen Religionen und vormals auch im Christentum erlaubt.

Wenn also das Ziel unseres Handelns Gewaltlosigkeit als Freiheit von Leid und Tod sein soll, erkennen wir rasch, dass dieses Ziel nur in Einzelfällen durch totalen Gewaltverzicht erreichbar ist – nämlich in jenen
Fällen, wo auch der jeweilige „Gegner“ das Richtziel „Gewaltverzicht“ frei bejaht.  Denn ein genereller Gewaltverzicht würde all die, die Gewaltminderung nicht als ihr Richtziel anerkennen, zum Gewalt-gebrauch geradezu „einladen“ und so nicht den Rechtszustand, sondern das Pseudorecht des Stärkeren verwirklichen. Daraus folgt: Gerade, wenn Gewaltlosigkeit das endgültige Ziel unseres Handelns sein soll – und dieses Ziel lässt sich philosophisch und religiös begründen -, dann kann der Weg dazu nicht totaler Gewaltverzicht sein, sondern eine auf dieses Ziel ausgerichtete Gewaltanwendung.
Wo immer Gewalt widerrechtlich ausgeübt wird, also dann, wenn jemand die Freiheit anderer stärker einschränkt als die eigene, besteht hier nicht nur Widerstandsrecht, sondern sogar Widerstandspflicht.
Dies gilt auch gegenüber einem tyrannisch entarteten Staat (Juan de Mariana, SJ, „De rege et regis institutione“,1598).
Was dadurch erreicht werden kann, ist Pax, Friede im rechtlichen Sinn als innerstaatlicher und (noch schwerer erreichbar) zwischenstaatlicher Nicht-Kriegs-Zustand und das ist ein zutiefst ethisches Ziel.
Doch sollten religiöse und nicht-religiöse Menschen akzeptieren, dass trotz allen menschlichen Bemühens Unsicherheitsfaktoren bleiben. Religiöse Menschen erinnert dies daran, dass nicht der Mensch, sondern Gott oder das Dharma (Ordnung des Kosmos und der Gesellschaft)  Lenker der Geschichte sind und Schalom deren endzeitliches Geschenk ist. Für den Atheisten bleibt Schalom wahrscheinlich ein schöner Traum. (Sr. Katharina Deifel)

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