Ethische Konsequenzen der Flüchtlingskrise für die EU 

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Ethische Konsequenzen der Flüchtlingskrise für die EU 

(Newsletter 2016-2)

Das Weltethos ist nach Hans Küng einer Verantwortungsethik verschrieben, die also nach Konsequenzen von Entscheidungen fragt. Wird die Flüchtlingspolitik der EU analysiert, kann gefragt werden, ob daraus ethisch gelernt werden kann.

Wichtigste Konsequenz: Kurzfristiges Denken erzeugt Probleme. In den Medien werden Ereignisse oft als überraschend aufgetreten dargestellt. Meistens sind es aber Entwicklungen mit Vorankündigungen. Dies gilt auch für die „Flüchtlingskrise“, die sich mindestens 3 Jahre lang angekündigt hat, deren Ursachen zudem ebenfalls lange bekannt sind. Dass Europa dies nicht kommen sehen konnte, ist fragwürdig, doch wenn es stimmen sollte, gilt umso dringlicher ein ethischer Appell zum Vorsorge-Prinzip durch „Lernen aus Vorwarnungen“ (EEA). Während die Politik nur nach Notfallplänen re-agiert – was vorausschauendes Handeln für die Zukunft erneut erschwert –, werden zeitgleich die Ursachen für die kommenden Probleme gelegt.

  1. Die EU als Wirtschaftsunion offenbarte einen Mangel an angeblich vorhandener Solidarität. Beispiel: Griechenland forderte seit Jahren nicht-monetäre Unterstützung an (Schiffe, Mitarbeiter, Registriergeräte), die es laut eigenen Angaben nicht ausreichend bekam. Wie Studien zur Resilienz zeigen, ist aber Zusammenhalt, übergreifende Koordination (zwischen Institutionen und Personen) und Redundanz essentiell für erfolgreiches Krisenmanagement – ebenso: Flexibilität.
  2. Wie Studien zu hoch-verlässlichen Einrichtungen zeigen (HRO-Studien), sind diese hoch-verlässlich, weil sie auf Störungen flexibel reagieren können. Nun ist die unflexible Rechtslage nicht nur ein Hindernis für rasches angepasstes Handeln, sondern widersprüchliche Rechtsvorschriften treten zu Tage. Asylbefürworter (Genfer Konvention, etc.) und Gegner („sichere Drittstaaten“) fanden sich in einer Pattsituation, weil beide im Recht sind.

Daher der ethische Appell: Solidarität ist keine Frage des Rechts und heißt nicht einfach Flüchtlingsquoten aufteilen, sondern ist eine Frage des Ethos und bedeutet: Weil wir alle im „selben Boot“ sitzen, müssen wir vorausschauend, demokratisch und mit der nötigen Flexibilität (Realitätssinn!) agieren, denn nur so ist Menschlichkeit zu praktizieren. Wenn das Ethos stimmt, werden die Lösungen folgen!Ein Sprichwort lautet: Ein guter Seemann zeigt sich nicht auf ruhiger See. Nun hat Europa die Chance, seine Versprechen zu beweisen: nämlich dass es tatsächlich eine Union ist. (Robert Brunnhuber)

Egoismen jeder Art – Selbstsucht…..Klassendenken, Rassismus, Nationalismus oder Sexismus – sind verwerflich….weil sie den Menschen daran hindern, wahrhaft Mensch zu sein

 (Erklärung zum Weltethos)

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