Religionen im Ethikunterricht

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Religionen im Ethikunterricht

Nach einem Vierteljahrhundert Schulversuch soll ab dem Schuljahr 2021/22, vorerst in der gymnasialen Oberstufe, ein verpflichtender Ethikunterricht für diejenigen Schüler*innen österreichweit eingerichtet werden, die, aus welchen Gründen auch immer, an keinem Religionsunterricht einer der staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften teilnehmen. Nachdem in der Schulversuchsphase neun unterschiedliche Lehrpläne in Gebrauch waren, war dies Anlass genug, auch einen verbindlichen Rahmenlehrplan zu erstellen. Wie kommen in diesem die Religionen vor?
In der fünften Gymnasialklasse findet sich der Anwendungsbereich „Religion und Weltanschauung“. In diesem soll zunächst ein Überblick über die 16 in Österreich staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften gegeben werden. Zu erörtern sind auch säkulare Weltanschauungen, exemplarisch der Humanismus. In einem der Lehrplanentwürfe wurde hervorgehoben: „Achtung des Glaubens Anderer als grundlegende ethische Maxime.“ – bedauerlicherweise wurde dies herausgekürzt. Ethikunterricht würde pervertiert, wenn er für kulturkämpferische oder ideologische Religionskritik funktionalisiert würde.
Der Anwendungsbereich „Judentum, Christentum, Islam“ wurde in die sechste Klasse gelegt. Zu behandeln sind zum einen die „Glaubensgrundlagen“, zum anderen die „moralischen Richtlinien“. Ein Fokus soll auch – ganz im Sinne des Projektes Weltethos – auf die zahlreichen ethischen Konvergenzen der monotheistischen Religionen gerichtet werden, beispielshaft die Goldene Regel. Ebenso wenig wie Religionen zu kritisieren sind – es sei denn, diese verletzten grundlegende Rechte –, hat es im Ethikunterricht zu unterbleiben, für die eine oder andere Religion missionarisch zu werben.
In der siebten Klasse sind „Asiatische Religionen und Weltanschauungen“ vorgesehen, speziell Hinduismus, Buddhismus und Konfuzianismus, wiederum mit einem Fokus auf deren moralischen Maximen. In der achten Klasse finden sich „ethnische Religionen“, wobei die Lehrplangruppe auf eine Konkretisierung verzichtete. Die Religion der Aborigines kann ebenso behandelt werden wie der Vodookult. In der gleichen Klasse zu erörtern sind auch die klassische Religionskritik, der Atheismus und Agnostizismus.
Alles in allem: Die Religionen spielen im neuen Ethiklehrplan eine prominente Rolle. Alle fünf klassischen Weltreligionen sind explizit aufgelistet und sollen unter einem ethischen Fokus zur Sprache gebracht werden. Nach wie vor lassen sich Milliarden von Menschen in ihrem ethischen Urteil und moralischen Handeln von religiösen Überzeugungen leiten. Aufgrund des hohen Stellenwerts der Religionen hätte dieses Fach durchaus „Ethik und Religionskunde“ benannt werden können.

(Anton Bucher)

Die Religionen haben den Vorteil, ihre Anhänger im Gewissen verpflichten zu können, ethisch richtig zu handeln.

(Hans Küng)

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