Politische Instrumentalisierung von Religion

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Politische Instrumentalisierung von Religion

(Newsletter 2009-4)

Politik und Religion können niemals streng getrennt werden: Religiöse Motive haben immer auch politische Implikationen. Religion hat immer auch eine politische Dimension. Was getrennt werden kann, das sind Institutionen – Kirche(n) und Staat.

In der Demokratie heute braucht es eine Garantie für die Freiheit der Religion – und zwar grundsätzlich der Freiheit aller Religionen, einschließlich der Freiheit, nicht religiös zu sein. So selbstverständlich dieser Grundsatz sein mag, so sehr gibt es immer wieder Grenzfälle. Wie steht es mit dem Respekt vor den verschiedenen Religionsbekenntnissen? Der dänische Karikaturenstreit hat aufgezeigt, dass gegensätzliche Positionen, die sich durchwegs auf liberale Grundrechte berufen, miteinander in Konflikt kommen können. Wie steht es mit der Freiheit religiöser Bekenntnisse, die diese Freiheit anderen Bekenntnissen nicht einräumen wollen? Die (Un-) Freiheit der Bahai- Gemeinschaft im Iran belegt die Aktualität dieser Fragestellung. Wie steht es mit der Neigung, bestimmte Kirchen mit einer Vorrangstellung gegenüber anderen auszustatten? Die Entwicklung im nachsowjetischen Russland ist für diese Problematik ein aktuelles Beispiel. 
In Österreich können wir beobachten, wie religiöse Motive vorgeschoben werden, um eine andere Agenda zu verbergen. Aus Gründen der Stimmenmaximierung wird das Zeichen des Kreuzes bemüht und der Stephansdom plakatiert, um einer staatlich anerkannten Religionsgesellschaft, dem Islam, die an sich garantierte Gleichstellung mit den etablierten christlichen Kirchen zu verweigern. Dahinter steht nicht die Sorge um die christliche Botschaft. Dahinter steht das Bemühen, eine fremdenfeindliche Stimmung aufzuschaukeln. Man sagt „Christentum“ und „Kirche“ – und meint „Ausländer raus“. Man sieht in Moscheen und Minaretten etwas „Artfremdes“, in grotesker Verkennung der kulturgeschichtlichen Parallelen zur Gotik übrigens, um Menschen in Österreich als Fremde zu brandmarken.

Das ist nichts, was spezifisch österreichisch wäre. In Indien, ein anderes Beispiel, können Hindu-Fundamentalisten immer wieder pogromartige Ausschreitungen gegen Muslime oder Christen oder Sikhs vom Zaun brechen. Im Hintergrund ist immer wieder das Interesse erkennbar, solche Ausschreitungen als politisches Kleingeld zu nutzen.

Die Instrumentalisierung von Religion für politische Interessen darf freilich nicht missverstanden werden, als ob Religion immer nur das passive Opfer böser politischer Manipulation wäre. Die Geschichte aller Weltreligionen ist voll von Erfahrungen mit der Gewalt des religiösen Fanatismus. Es hat nicht immer die Politik gebraucht, um die mörderischen Potentiale freizusetzen, die vielfach im Religiösen schlummern. Nur zu oft wurde auch die Politik von der Religion instrumentalisiert.

Das für das Konzept des Weltethos programmatische Motto von Hans Küng „Keine Friede zwischen den Nationen ohne Frieden zwischen den Religionen“ kann auch so erweitert werden: Keine dauerhafter Friede, wenn nicht das Verhältnis zwischen Religion und Politik dauerhaft geklärt ist: Weder ist Religion ein Instrument der Politik – noch Politik eines der Religion.

In Österreich sollten in der Grauzone zwischen Politik und Religion bestimmte Regeln akzeptiert werden – und die wichtigste dieser Regeln ist der Respekt vor den Überzeugungen der anderen.
(Anton Pelinka)

Von Politikern müssen wir Respekt und Toleranz gegenüber den Gläubigen anderer Religionen verlangen. Wer als politischer Führer dazu nicht fähig ist, den muß man als Gefahr für den Frieden ansehen.

(Helmut Schmidt, ehemaliger deutscher Bundeskanzler)

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