(Newsletter 2010-1)
Vom 3. bis 9. Dezember 2009 fand in Melbourne (Australien) das 5. Parlament der Weltreligionen unter dem Titel „Make a World of Difference: Hearing each other, Healing the earth“ (Bau eine andere Welt: aufeinander Hören, die Erde Heilen) statt. 8.000 Angehörige aus 25 Religionen diskutierten in 650 Workshops und Seminaren weniger religiöse als ethisch brisante Themen wie Klimawandel, Umweltschutz, Wirtschafts- und Finanzkrisen, friedliche Konfliktlösungen, Rettung der indigenen Völker, Bekämpfung der Armut, Sicherstellung von Nahrung und Wasser für alle Menschen etc. Hans Küng stellte sein „Manifest zum Globalen Wirtschaftsethos“ vor, das er bereits in New York im UNO-Hauptquartier präsentiert hatte. Im Anschluss daran reflektierte er mit jeweils 200 Teilnehmern über die Folgen der Finanzkrise und die Frage, ob die Wirtschaft über die Ethik gesiegt habe.
Dieses Parlament der Weltreligionen, das sich 1893 in Chicago zum ersten Mal versammelte, 100 Jahre später seine Sternstunde ebenfalls in Chicago durch die feierliche Verabschiedung der „Erklärung zum Weltethos“ erlebte und seither alle 5-6 Jahre stattfindet, ist das größte interreligiöse Forum der Welt. Wenn diesmal auch keine großen Resolutionen gefasst wurden, so bewiesen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer doch eine unglaubliche Offenheit gegenüber den Problemen der modernen Welt und eine echte Bereitschaft, durch einen interreligiösen aber auch einen innerreligiösen Dialog ihre Rolle bei Lösung der Probleme zu überdenken.
So wurde auch dieses 5. Parlament der Weltreligionen der ursprünglichen Bedeutung eines Parlaments gerecht, nämlich Dialogforum für die brennenden Fragen der Zeit zu sein. Die Vertreterinnen und Vertreter der verschiedenen religiösen Ausrichtungen bewiesen dabei, daß sie gestützt auf ihre gemeinsamen ethischen Prinzipien alle dasselbe Ziel verfolgen: nämlich Frieden, Gerechtigkeit, Ehrlichkeit und gegenseitige Achtung in der Welt zu fördern. Nur auf diese Weise kann ein Clash of civilizations vermieden werden und die Globalisierung gelingen. So könnte das Parlament der Weltreligionen allmählich die ethisch-moralische Autorität für die ganze Welt werden – eben ein Weltparlament der Religionen.
(Edith Riether)