Wenn Ethik im Gegensatz zu den mit Inhalten bestimmten Begriffen Ethos oder Moral die Lehre von der richtigen Entscheidung meint, also eine Formalkunst, die sich der Reflexion menschlichen Entscheidens widmet, dann ist kaum ein anderer Bereich menschlichen Lebens (unmittelbar neben anderen Formen staatlicher Exekutive in Polizei und Justizvollzug) denkbar, in dem sie notwendiger gebraucht würde.
Ist doch der Gebrauch von Waffen immer mit Zerstörung, Verletzung und Tod kombiniert. Wer also einen solchen Einsatz vorbereitet, autorisiert oder durchführt, sollte sich seiner Vorgaben und Ziele sehr klar bewusst sein.
Zusätzlich zu diesen Überlegungen weitet aber das Militär im Gegensatz zu anderen Exekutivelementen des Staates den Blick immer auf die Internationalität. Schon der verfassungsmäßige Grundauftrag, eine Nation gegen unberechtigte Zugriffe anderer Nationen zu verteidigen (obwohl dieses Recht durchaus diskutabel ist), stellt die Frage nach einem Orientierungsrahmen, der größer ist als nationalstaatliche Eigengesetzlichkeiten. Die von den Vereinten Nationen koordinierten internationalen Einsätze, an denen auch das Österreichische Bundesheer zur Sicherung des Friedens oder zur Beseitigung der Folgen von Naturkatastrophen teilnimmt, stellen die durch eine lange und blutige Geschichte mühsam entwickelte Form einer Weltverantwortung dar, gegen die einzelstaatliche Interessen im Zweifelsfall nicht mehr geltend gemacht werden können.
Die katholische Auffassung vom Soldaten, wie sie in der Pastoralkonstitution des II. Vatikanischen Konzils Gaudium et Spes Nr. 79 festgehalten ist „Wer als Soldat im Dienst des Vaterlandes steht, betrachte sich als Diener der Sicherheit und Freiheit der Völker. Indem er diese Aufgabe recht erfüllt, trägt er wahrhaft zur Festigung des Friedens bei.“, verdeutlicht aus biblischer und kirchentraditioneller Seite her diese Auffassung. Wenn aber die Ziele des Militäreinsatzes auf globaler Ebene an Frieden und Gerechtigkeit Maß nehmen und nicht an Interessensdurchsetzung oder Machtdemonstration, dann muss diese Grundhaltung auch auf jeder Ebene des militärischen Dienstes bis zum Umgang von Grundwehrdienern untereinander gelebt werden. Da im Österreichischen Bundesheer Staatsbürger unterschiedlichster politischer und religiöser Einstellungen gemeinsam dienen, ist auch der übergeordnete Sinn dieser Prinzipien ein Integrationsbeitrag unserer Institution.
Nicht zuletzt durch den globalisierten Blick steht Ethik im Kontext des Militärs auch einer zunehmenden Neobiedermeierei entgegen, der sich in individualethischen Kasuistiken und Tagesmoralen verlieren kann.
(Stefan Gugerel, Leiter des Instituts für Religion und Frieden)
„Friede als Werk der Gerechtgkeit ist gefordert“
(Hans Küng)