Ein neues Jahr hat begonnen – und mehr als in den Jahren davor richten sich die Hoffnungen von Menschen in aller Welt auf Veränderung und Verbesserung. Zu deutlich offenbarten sich im vergangenen Jahr Tendenzen der Spaltung und gesellschaftlichen Fragmentierung, die bis in das Privatleben vieler Menschen reichte.
Die Herausforderungen der Covid-Krise verstärkten diese Tendenzen gesellschaftlicher Verzwergung, die sich u.a. in der Bildung zahlreicher „Bubbles“ äußerte, in welchen sich Gleichgesinnte versammelten, sich miteinander austauschten und einander bestätigten – jedoch um jeden Preis verhinderten, sich ernsthaft mit anderen Ansichten zu beschäftigen, geschweige denn, sachlich auseinanderzusetzen.
Diese spannungsreiche Ausgangslage verlangt nach einer erneuten Fokussierung auf die Ethik und das Weltethos. Ohne Bezugnahme auf die gemeinsamen ethischen Grundlagen, auf die Gleichwertigkeit aller Menschen und ihre freie Meinungsäußerung kann diese Situation nicht überwunden werden. Die Sehnsucht nach Balance, nach Ausgleich und nach Gerechtigkeit findet klaren Ausdruck in der goldenen Regel: „Was du nicht willst, dass man dir tu‘, das füg‘ auch keinem Anderen zu!“
Bilder von Flüchtenden mit ihren Kindern in fürchterlichen Unterkünften mitten in Europa erschüttern uns. Das stille und leise Ansteigen der Zahlen von Menschen, die mit Armut, Wohnungslosigkeit und/oder Arbeitslosigkeit inmitten unserer Gesellschaft kämpfen, alarmiert uns – während wir in unserem Hinterkopf immer lauter das Grundprinzip des Weltethos vernehmen: Jeder Mensch muss menschlich behandelt werden.
Was so simpel klingt, so selbstverständlich, so einfach – ist es nicht (mehr). In Zeiten, in denen das Engagement und Eintreten für die Menschlichkeit als Gutmenschentum deklariert wird, bedarf es vermehrter Anstrengungen, die Botschaft des Weltethos zu vertreten, umzusetzen und weiter zu geben, damit das neue Jahr zu einem Jahr der Heilung, des gesellschaftlichen Dialogs und der Versöhnung werden kann
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Dies geht nicht ohne die Anerkennung und Würdigung der bzw. des Anderen – die nicht in einer Zustimmung zu den jeweiligen Positionen gründen muss. Im Gegenteil, die demokratische Gesellschaft zeichnet sich gerade dadurch aus, dass unterschiedliche Ansichten zu den verschiedensten Themenbereichen ausgehandelt werden und eine Gesellschaft auf diese Weise zu gemeinsamen Handlungsstrategien und Kompromissen gelangt, die – wie Küng betont hat – weit entfernt von einer Einheitsideologie sind. Ohne einen Bewusstseinswandel gläubiger und nichtgläubiger Menschen könnten jedoch keine Veränderungen erwartet werden.
(Amena Shakir)
Die drängenden Herausforderungen wie etwa Klimaschutz, Corona-Pandemie oder Diskriminierung lassen sich nur gemeinsam lösen.
(Stiftung Weltethos)