Berichten zufolge wird es nach über 20 Jahren Schulversuch „Ethikunterricht“ jetzt endlich zu dessen Übernahme in das Regeschulwesen kommen. Für die Einführung des Ethikunterrichts kämpft die IWEO seit den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts! Während von mehr oder minder kompetenten Leuten die alten Kontroversen wieder hochgekocht werden, ob Ethikunterricht verpflichtend für alle oder nur für jene, die keinen Religionsunterricht besuchen und ob Religionsunterricht gar abgeschafft werden sollte, stellt kaum jemand Überlegungen an, was denn im Ethikunterricht eigentlich gelehrt werden soll. Da ist von „Bestrafung“ jener Schülerinnen und Schüler die Rede, die keinen Religionsunterricht besuchen und denen die Freistunde weggenommen werden soll, von „Ethik pauken“ und ähnlichen Missverständnissen wird gefaselt, weil keiner so genau weiß, was Ethik ist und diese vielfach mit Moral verwechselt wird.
Moral jedoch ist das Gesetz, das eine punktuelle Handlung betrifft, dessen Verletzung leicht festzustellen ist und das mit Sanktionen belegt werden kann. Ethik, oder besser Ethos, ist das Wesen der Moral, denn es ist die Gesinnung, aus der heraus jemand handelt. Diese Gesinnung bildet sich zunächst in der Familie heraus, in der aber oft keine genauen oder merkwürdige Vorstellungen über eine ethisch hochwertige Gesinnung und die Unterscheidung von Gut und Böse herrschen. Das Resultat ist eine weitgehende Orientierungslosigkeit.
Da die Schule heute schon viele Erziehungsaufgaben übernehmen muss, ist sie eben auch für die Erziehung zur Menschlichkeit, zur Goldenen Regel, zur Gewaltlosigkeit, Gerechtigkeit und Fairness, Ehrlichkeit und Redlichkeit sowie zu gegenseitigem Respekt zuständig. Diese Richtlinien sind mit vernünftigen Argumenten zu begründen.
Im Ethikunterricht nur zu erzählen, welche ethischen Systeme es gibt, und die Jugendlichen in der Beurteilung völlig allein zu lassen, ist kontraproduktiv. Wenn Ethiklehrerinnen und -lehrer meinen, das überfordere den Ethikunterricht, weil sie offenbar selbst nicht wissen, welche Orientierung sie den Jugendlichen geben sollen, wäre eben darauf hinzuweisen, dass das Parlament der Weltreligionen 1993 die Erklärung zum Weltethos verabschiedet hat, die die wichtigsten ethischen Prinzipien enthält, in denen religiöse wie säkulare Traditionen übereinstimmen, und die zu allen Zeiten, an allen Orten und für alle Menschen immer gegolten haben, gelten und gelten werden, solange Menschen auf diesem Planeten friedlich zusammen leben wollen. (Edith Riether)
Der bessere Charakter ist immer die Ursache einer besseren Verfassung
(Aristoteles)