(Newsletter 2015-03)
Doch was hindert, auch lachend die Wahrheit zu sagen ? (Quamquam ridentem dicere verum – Quid vetat?) fragte schon HORAZ, doch der Hinduismus meint: Man soll die Wahrheit sagen und soll sie so sagen, dass sie Gefallen erregt. Darf also die Satire alles, wie eine große Wiener Tageszeitung nach den Vorfällen in Paris schrieb, oder gibt es Grenzen?
Die Freiheit der Kunst (und daher auch der spezifischen Kunstform Satire), der Wissenschaft und Medien gilt zu Recht als hohes, doch nicht uneingeschränktes humanitäres Gut – Maß aller Werte muss die Verallgemeinerungsfähigkeit bleiben, „d. i. ich soll niemals anders verfahren, als so, dass ich auch wollen könne, meine Maxime solle ein allgemeines Gesetz werden“ (I. Kant, Kategorischer Imperativ). Einfacher: meine Freiheit endet dort, wo die des anderen beginnt.
Zu Recht gibt es daher Gesetze, die die religiösen Gefühle schützen. In Österreich ist es der § 188 Strafgesetzbuch und es wäre zu fragen, ob dieser nicht auf alle den Menschenrechten und dem Weltethos entsprechenden Weltanschauungen ausgedehnt werden sollte. Wer aber bedient sich schon des Rechtsweges, wenn religiöse Gefühle verletzt werden? Die Islamisten von Paris betrieben Selbstjustiz und die Christen verwechseln oft Gleichgültigkeit mit Toleranz.
Vielleicht kann KANT hier zu einem allgemeingültigen Mittelweg verhelfen. Für ihn sind Ideale in doppelter Weise realisierbar – durch ethisches Handeln, das Ideale real, aber nicht ganz ausdrückt, und durch Symbole, die Ideale ganz, aber nicht real ausdrücken. Ethik und Ästhetik sollten daher immer aufeinander bezogen bleiben, da Kunst sonst leicht ins Subjektive und daher Unverantwortliche abgleitet. Denn die Grundaufgabe von Kunst ist oder wäre: sie sollte Ideale im Bewusstsein der Menschen wach halten – was auch, wie in der Satire, durch die Kritik an der Abweichung vom Ideal geschehen kann. Dann würde die Satire wieder zur „satura lanx“, zu der mit Allerlei gefüllten Schüssel, die mit Witz und nicht mit erhobenem Zeigefinder den Idealen des Weltethos folgt:
• Handle gerecht und fair;
• Achtet und liebet einander.
(Sr. Katharina Deifel)
Ethik ist wichtiger als Religion
(Dalai Lama)