(Newsletter 2009-2)
Die im Jahre 2008 beginnende Welt-Finanzkrise hat sich mit Anfang 2009 praktisch zu einer Weltwirtschaftskrise entwickelt. Die Realwirtschaft ist bereits mit allen negativen Folgen (Rezession, Arbeitslosigkeit etc.) von der Finanzkrise betroffen. Diese Wirtschaftskrise hat aber auch eine tiefe ethische Dimension. Trotz des grundsätzlich berechtigten Gewinnstrebens von Unternehmen und Banken bedarf es weltweit verbindlicher ethischer Regeln. Die Erklärung zum Weltethos aus dem Jahre 1993 zeigt solche global verbindlichen Regelungen auf. Was Ethik eigentlich bedeutet, ist vielfach unklar. Unter dem Begriff „Ethik“ versteht man im heutigen Sprachgebrauch nicht nur die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Moral, sondern auch eine innere Gesinnung oder Haltung. Eine Einstellung, die ein humanes Handeln nach Grundsätzen und Werten (z.B. Goldene Regel, Gerechtigkeit, Solidarität, Fairness, Nachhaltigkeit) auf allen gesellschaftlichen Ebenen sowie national und international erlaubt. Wirtschaftsethik will demnach Orientierungen für das Handeln im Raum der Wirtschaft geben. Denn wirtschaftliche Tätigkeit steht im Dienste der Selbstbestimmung des Menschen. Dafür sind Grundprinzipien, die sich auch in der Erklärung zum Weltethos finden, notwendig. Gerechtigkeit und die Goldene Regel wurden schon genannt. Aber auch der Grundsatz, dass der Besitz auf ehrliche Weise erworben werden soll und dass dem Bedürftigen zu helfen ist, ist hier zu nennen. Auch im Bereich der Wirtschaft gilt primär: „Jeder Mensch muss menschlich behandelt werden!“ Denn es wird oft die Meinung vertreten, dass die Rücksichtnahme auf die sozialen Belange von Kunden und Mitarbeitern sowie auf die Umwelt nur zusätzliche Kosten verursache. Verschiedene Untersuchungen haben aber gezeigt, dass sich ethisch richtiges Handeln auch rechnen kann: Langfristig bringt nämlich die Rücksichtnahme auf Kunden, aber auch auf die Umwelt und die Mitarbeiter, den Eigentümern mehr wirtschaftlichen Erfolg. Das reicht von der höheren Zufriedenheit der Kunden, die dem Unternehmen treu bleiben, bis zur besseren Motivation der Mitarbeiter. Auch politisches Wohlwollen ist damit leichter zu erlangen, was für die geschäftlichen Rahmenbedingungen sehr nützlich sein kann. Sparsamer Einsatz von Rohstoffen schont die Umwelt im Sinne der Nachhaltigkeit und reduziert die Kosten. Das Risiko von Arbeitskonflikten wird durch ein soziales Verhalten des Unternehmens gegenüber den Mitarbeitern zumindest gesenkt. Verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln, das dafür Sorge trägt, dass es keine sozialen Missstände gibt oder die Umwelt nicht zerstört wird, ist heute gefragt. Ein ethisches Fundament der Wirtschaft lässt sich mit einem dreifachen Imperativ umschreiben, den P. Johannes Schasching formulierte: „Wirtschafte sachgerecht, menschengerecht und gesellschaftsgerecht!“
(Herbert Pribyl)